ECM Cloud Computing - E-Mail-Archivierung (Teil 1)

Von Andre Hüttemann

Mit Enterprise Content Management aus der Cloud oder als SaaS kommen Unternehmen am schnellsten in Berührung, wenn sie sich mit der E-Mail-Archivierung auseinandersetzen. Hierzu befinden sich am Markt zahlreiche Lösungen, mit der die eigenen Mail-Infrastrukturen um die Archivierungsfunktion sehr einfach und ohne hohe Initialkosten ergänzt werden können. Über Sinn und Notwendigkeit der E-Mailarchivierung wird seit vielen Jahren sehr intensiv berichtet, an dieser Stelle wird daher darauf verzichtet. Vielmehr sollen ein paar Gedankengänge zur Mailarchivierung mit dem einen oder anderen Bezug auf gemieteten Rechenzentrumslösungen dargestellt werden. Diese Gedanken sollen keine einseitige Werbung für Cloud-Lösungen darstellen sondern der größeren Transparenz in einem Entscheidungsprozess dienen.

Sehr häufig steigen Unternehmen über die Mail-Archivierung in Dokumenten Management (DMS) bzw. Enterprise Content Management (ECM) Technologien ein und erweitern ihr Archiv in weiteren Zyklen um effizienzbringende Lösungen. Geschäftsprozessoptimierung ist bekanntlich eine Stärke von DMS bzw. ECM und Lösungen zur elektronischen Rechnungsverarbeitung, zum Vertragsmanagement oder zu digitalen Akten (Kunden-, Lieferanten, Personalakten) haben sich längst etabliert. Insbesondere sind es die digitalen Akten, die eine enorme Informationstransparenz im Unternehmen erzeugen. Wo sonst ist man in modernen Unternehmen in der Lage, an einem Ort alle Informationen aus papiergebundener und papierloser Korrespondenz (E-Mail) sowie aus ERP, CRM und Co. strukturiert und schnell wiederzufinden. Mit diesem Hintergrund sollten Unternehmen bei der Suche nach der passenden Mail-Archivierung mit dem erforderlichen Weitblick agieren. Lösungen, die über die reine Mailarchivierung keine Entwicklung zur intelligenten Lösung zulassen, entpuppen sich schnell zur Sackgasse. Auch ist der spätere parallele Betrieb eines DMS-Systems wenig sinnvoll, bilden doch E-Mails einen wichtigen Inhalt nicht nur bei digitalen Akten. Berücksichtigen sollte man immer, dass die Migration GDPdU-konformer Archive (z.B. vom Mailarchiv zur DMS-Lösung) mit einigen Besonderheiten und Hürden verbunden ist. (Hierüber hatten wir im letzten Jahr bereits berichtet). Mail-Appliances und reine Mail-Archivierungsservices bieten häufig einen sehr begrenzten Entwicklungsweg sodass sich modular aufgebaute ECM-Suites, die mit den Anforderungen mitwachsen, als zukunftssicherer erweisen.

An dieser Stelle nun die Frage, ob es grundsätzlich sinnvoll ist, gleich über ein funktionsreiches Dokumenten Managementsystem nachzudenken, nur weil das Unternehmen heute seine Mails archivieren möchte und eventuell in Zukunft einmal weitere DMS-Potentiale nutzt. Anstelle der Antwort eine Gegenfrage: Wenn Cloud Computing doch mit „Flexibilität“, „bedarfsgerecht“ und „geringen Investitionen“ verbunden wird, stellt es dann an dieser Stelle nicht eine echte Alternative dar?

Zwei weitere Gedanken gelten der Sicherheit und beziehen sich genauer genommen auf den unbefugten Zugriff durch Dritte sowie auf die Sicherstellung der langfristigen Verfügbarkeit aller Informationen. An dieser Stelle ergeben sich in der Praxis wohl die meisten Widersprüche. Während täglich fast alle Mails unverschlüsselt durchs weltweite Netz geschickt werden, der Außendienst nur mit einem simplen Passwort gesichert auf seine Mails zugreifen kann, ganze Postfächer auf Laptops gespeichert werden usw. wird beim Cloud Computing die Sicherheit in Frage gestellt, wenn die Übertragung ins Rechenzentrumsarchiv und die Speicherung dort durchgängig hochverschlüsselt erfolgt. Auch sei die Frage berechtigt, ob der Mitarbeiter beim Dienstleister, der strengsten Kontrollen unterliegt, dessen Arbeit protokolliert und dokumentiert wird, für den sensible Bereiche nur mit dem Vier-Augen-Prinzip zugänglich sind, weniger vertrauenswürdig ist als der unter gängigen, deutlich „entschärften“ Voraussetzungen angestellte interne Mitarbeiter? Und wie ist es um die Verfügbarkeit bestellt, wenn das Archiv bzw. seine Komponenten sich an gleicher Stelle befinden wie die zu archivierenden Informationen. Hohe Verfügbarkeit erfordert vor allem Redundanz, und dazu gehört auch örtliche Redundanz. Feuer, Wasser und Vandalismus wird vor einer Komponente nicht Halt machen, nur weil sie mit „Archiv“ beschriftet ist. Fraglich somit, warum der Einsatz von Archiven auch damit begründet wird, dass hohe Verfügbarkeit des Contents gefordert ist, dann aber Single-Komponenten im gleichen Gebäude oder sogar direkt neben dem Mailserver platziert werden.

Die Liste der Gedanken kann an dieser Stelle sicher noch um ein Vielfaches erweitert werden. Was der Artikel sagen soll ist, dass ECM aus der Cloud sicherlich beratungs- und erklärungsintensiv ist. Ein interessiertes Unternehmen sollte sich weder auf bunte Broschüren, hochlobende Prognosen noch auf niederschmetternde Berichte verlassen. ECM aus der Cloud ist ein potentialreiches Werkzeug, welches wie jedes Werkzeug sinnvoll und auch unsinnig eingesetzt werden kann. Wichtig für eine Entscheidung für oder gegen Cloud-Lösungen ist, diese vollständig zu verstehen und ihre Arbeitsweise durchgängig zu kennen. Der Rest ist gesunder Menschenverstand.

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